25 Jahre Labor für Messtechnik

1989 löste sich das Institut für Messtechnik, welches vormals Teil des Institutes für Röntgenfeinstrukturforschung war, aus dem Verband des steirischen Forschungszentrums Graz (heute Joanneum Research). Dr. Hans Stabinger gründete daher das private Forschungs- und Entwicklungsbüro „Labor für Messtechnik“. Schon zwei Jahre zuvor war man in das neu errichtete Gebäude in der Dr.-Robert-Graf-Straße 6 in Graz übersiedelt.

Seit 1967 befasst sich eine Forschergruppe um Dr. Stabinger mit der Erfindung und Entwicklung neuer Messmethoden auf dem Gebiete der Flüssigkeitseigenschaften. Startend mit der bahnbrechenden Erfindung eines neuen Verfahrens zur Dichtemessung (Biegeschwinger) wurden, neben der laufenden Verbesserung der Messgeräte für die Dichte, neue bisher unbekannte Messverfahren für andere Messgrößen erfunden, erforscht und entwickelt. So wurde ein Gerät zur Bestimmung der Schallgeschwindigkeit in Flüssigkeiten erfunden und entwickelt. Es findet unter anderem Anwendungen in der kontinuierlichen Stammwürzemessung bei der Biererzeugung sowie bei der Behandlung einer Niereninsuffizienz mittels Dialyse. Beide Projekte erlangten weltweite Verbreitung und dadurch entsprechende Umsätze bei unseren Lizenznehmern. Ein von uns gefertigtes Gerät war sogar mit dem Austronauten Dr. Viehböck in der Raumkapsel Mir im Einsatz.

Während des letzten Jahrzehntes war eine völlig neue Erfindung zur Viskositätsmessung ein Schwerpunkt unserer Forschung. Für Dichte und Viskosität gibt es klassische Messverfahren. Bei der Dichte ist es das Jahrtausende alte archimedische Prinzip und bei der Viskosität seit über 100 Jahren das  Kapillarviskosimeter. Wenn nun ein völlig neues Verfahren auf den Markt gebracht werden soll, so ist es selbstverständlich, dass der Kunde erwartet, dieselbe Genauigkeit wie mit dem klassischen Verfahren zu erreichen. Zudem muss das neue Messgerät schlagende Vorteile aufweisen um am Markt gegenüber den klassischen Verfahren zu bestehen. Nur so kann man einen wirtschaftlichen Erfolg erwarten. Neben der Ausarbeitung der Konstruktion der Geräte war ein jahrzehntelanges Erforschen der bei unseren Verfahren die Genauigkeiten schmälernden Einflüsse unsere Hauptaufgabe. Dies erforderte einen intensiven Kontakt zu nationalen metrologischen Laboratorien um für Vergleichsmessungen die traditionellen Methoden in ihrer höchsten Genauigkeitsstufe zu erlernen. Dabei ist vor allem der jahrzehntelange Kontakt zur Physikalisch Technischen Bundesanstalt in Braunschweig und dem Kalibrierlabor H&D Fitzgerald in UK zu erwähnen. Ohne diese Kontakte wäre die Entwicklung bis zur heutigen Perfektion unmöglich gewesen. Der technologische Sprung bei der Dichte- und auch der Viskositätsmessung auf der Grundlage unserer Erfindungen war vergleichbar mit dem Übergang von einer alten Kaufmannswaage zu einer modernen digitalen Waage. Es ist verständlich, dass diese Entwicklungen – wir betraten ja immer völliges Neuland – nur in kleinen zielstrebigen Schritten möglich war, wobei – was oft übersehen wird – auch schwere Rückschläge zu verkraften waren. Wenn man die Spitze behalten will muss man sich immer neuen – meist selbst auferlegten – Herausforderungen stellen. In der Messtechnik gibt es bei der Genauigkeit nach oben hin keine Grenzen und wenn man beabsichtigt in die Breite zu gehen (z.B. die Konstruktion von Messgeräten für spezielle Anwendungen), so sind die Entwicklungsmöglichkeiten unbegrenzt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass wir das Dichteprojekt schon über 40 Jahre und das Viskosimeter bereits seit 18 Jahren intensiv bearbeiten. Wenn neben der wissenschaftlichen Neugierde noch der wirtschaftliche Aspekt in Betracht gezogen wird, sehen wir auf Jahrzehnte einer arbeitsreichen Zukunft entgegen.

Bis 2002 arbeiteten wir arbeitsteilig mit dem Institut für Sensorik des damaligen Forschungszentrums Graz zusammen, wobei primär die komplizierte Ausarbeitung der elektronischen Komponenten unserer Messsysteme bewerkstelligt wurde. Sowohl Dichte als auch Viskosität sind nur in Verbindung mit der genauen Messtemperatur aussagekräftig. So nahm sich schon frühzeitig Prof. H. Leopold am von ihm geleiteten Institut für Sensorik dieser Problematik an und erfand und entwickelte in jahrzehntelanger Arbeit ein neuartiges Thermometer mit einer Genauigkeit von besser als einem tausendstel Grad. Erst damit wurde die Basis geschaffen, genaue Messungen der Dichte und der Viskosität auf allerhöchstem Niveau durchzuführen. Als 2002 das Institut für Sensorik aufgelöst wurde, konnten wir die gesamte Belegschaft von hochqualifizierten Mitarbeitern in das Labor für Messtechnik übernehmen. Viele der Kollegen besaßen bereits jahrzehntelange Erfahrung auf unserem Gebiet und konnten so übergangslos an unseren Projekten weiterarbeiten.

In die Zeit der Entwicklung der bei uns erfundenen Messverfahren (seit 1965) gab es weltweit große Sprünge in der Technologie der Elektronik und der Fertigungsverfahren. Die gesamte Entwicklung der digitalen Elektronik beginnend mit den ersten Transistoren bis zu den heutigen hochintegrierten Schaltkreisen fällt in diese Zeit. Die mechanische Fertigung, welche mit einfachen Drehbänken und Fräsmaschinen startete, wird heute mit Automaten bewerkstelligt, die eine damals unvorstellbare Genauigkeit gewährleisten. Neue Bearbeitungsmethoden wurden in unserer Werkstätte erprobt und auf unsere Problemstellung hin verfeinert. So haben wir zum Beispiel die erste Laser- Schweiß- und Schneidemaschine in der Steiermark in Betrieb genommen und forschen bis heute an deren optimalem Einsatz für unsere Produkte. Die technologischen Grundlagen für Lötungen im Hochvakuum, spanlosem Umformen von Titanteilen und halbautomatischer Fertigung von diffizilen Glasteilen wurden in jahrelanger Arbeit von den Technikern in unserer Werkstätte erarbeitet und bilden heute die unverzichtbare Basis in der industriellen Serienfertigung.