Wir stellten uns 1995 die Aufgabe, ein handliches Viskosimeter zu entwickeln, welches den Komfort eines Dichtemessgerätes unserer Bauart bietet. Es war klar, dass es wegen der notwendigen exakten Temperaturkontrolle eine kleine kompakte Messzelle sein muss, die leicht zu befüllen und zu reinigen ist. Damit schied jede Art von Kapillarviskosimeter aus. Die selbst auferlegten Forderungen schienen am leichtesten durch ein Miniatur – Rotationsviskosimeter erfüllbar. Wir experimentierten lange mit einem Searle-Typ mit magnetisch gelagertem Rotor. Wegen der Miniaturisierung schied von Anfang an jegliche reibungsbehaftete Lagerung des Messkörpers aus. Intensive Studien und Versuche mit dem Searle – Prinzip zeigten uns, dass dieser Weg nicht gangbar ist. Also versuchten wir eine miniaturisierte Version nach dem Couette – Prinzip. Dabei ist natürlich auch die reibungsfreie Lagerung des Innenzylinders eines der Hauptprobleme. Beim Couette Viskosimeter dreht sich der Außenzylinder relativ zum Innenzylinder (Rotor) schneller, wobei der Radiusunterschied den Messspalt ergibt. Ein Gedankenexperiment zeigte, dass sich der Rotor in der Achse des Außenzylinders zentrieren muss, so seine Dichte geringer als die Dichte der zu messenden Flüssigkeit ist. So wie sich Luftblasen in der Achse einer rotierenden Flasche sammeln. Damit war das Problem der reibungsfreien Lagerung mit gelöst. Ein Magnetfeld, welches über Wirbelströme den Rotor berührungslos und definiert bremst, vervollständigt die Apparatur. Ein einfacher Formalismus erlaubt es, die Viskosität aus dem Drehzahlverhältnis von Außenzylinder und Rotor zu berechnen. Durch eine hochgenaue, digitale Messung der Drehzahlen ist die präzise Erfassung des Messwertes möglich.
Wenn wir auch viel Erfahrung über Thermostatisierung und Temperaturmessung aus der Konstruktion von Dichtmessgeräten mitbrachten, so war für uns alles andere, was mit Viskosimetrie zu tun hatte, Neuland. Die Herstellung eines extrem leichten Rotors sprengte die Grenzen des bei uns Machbaren. Wir mussten in monatelanger Arbeit unter anderem eine Fertigungsmethode für präzise Titanrohre mit hauchdünner Wandstärke (0,05mm), Lagerungen für den Außenzylinder, miniaturisierte Gleitringdichtungen und einen speziellen Antrieb durch einen Synchronmotor entwickeln. Letztlich gelang es uns, eine standfeste Messapparatur zu fertigen. Parallel dazu wurde die klassische Methode der Kapillarviskosimetrie nach Ubbelohde erlernt, um Vergleichsmöglichkeiten zu haben. Der weltweite erfolgreiche Verkauf unseres Produktes durch unseren Lizenznehmer zeigte die Richtigkeit unserer Entwicklung. Heute, fast 14 Jahre später, beherrschen wir einigermaßen die gesamte Problematik der Viskosimetrie, haben die Schwachstellen des Stabinger- Viskosimeters erkannt und großteils behoben. Die mit diesem Viskosimeterprinzip erreichbare kurze Messdauer, der extrem große Messbereich und die große Auflösung ermöglichen die erfolgreiche Bearbeitung von bisher kaum lösbaren Problemen.